Sonntag, 7. Februar 2016

Fracking-Chemie

Ihre Zahnpasta, Ihr Waschmittel, Ihre Eiscreme – alles enthält Fracking-Chemie

Jennifer Lea Reynolds

 
Viele Menschen bemühen sich, möglichst alles richtig zu machen. Sie achten sorgfältig darauf, sich möglichst nichts ins Haus zu holen, was für ihren Körper oder die Umwelt schädlich ist.




Ist das alles völlig umsonst? Forscher der Universität von Colorado in Boulder haben herausgefunden, dass die toxischen Substanzen, mit denen beim Fracking Erdöl aus schwer zugänglichen Lagern gespült wird, in praktisch identischer Form auch im Abwasser von Privathaushalten nachgewiesen werden können.

Die im Fachmagazin Analytical Chemistry veröffentlichte Studie zeigt, dass in vielen unserer Alltagsgegenstände – beispielsweise in Zahnpasta und Waschmittel, in Eiscreme oder Abführmitteln – die Giftstoffe zu finden sind, die man beim Fracking feststellt.

Diese Ergebnisse dürften viele Menschen in ihrer Meinung bestätigen, dass die beim Fracking eingesetzten Chemikalien der Grund für die Verunreinigungen sind, die im Boden und im Trinkwasser nachgewiesen werden können.

Experte: Proben zeigen dieselben Chemikalien wie in der Küchenspüle
»Es handelt sich um die erste veröffentlichte Studie, in der einige der organischen Fracking-Chemikalien identifiziert werden, die die Firmen in ihre Quellen pumpen«, sagt Michael Thurman, Lead-Autor der Studie und einer der Gründer des Labors für Umwelt-Massenspektrometrie am College of Engineering and Applied Science der Universität in Boulder. »In den Proben, die wir untersuchten, fanden wir Chemikalien, wie sie beim Großteil von uns zu Hause ins Abwasser gehen.«
In der Studie wird aufgeführt, welche grenzflächenaktiven Substanzen (Surfactants) gefunden wurden, unter anderem zwei Serien von Ethylenoxid Surfactants, Polyethylenglycol und linearen Alkyl-Ethyloxylaten.

Wie es bei der für Arbeitsplatzsicherheit zuständigen US-Behörde OSHA heißt, findet sich Ethylenoxid in einer Reihe herkömmlicher Haushaltsartikel, etwa in Waschmitteln, Frostschutzmitteln, Kosmetika und Gewürzen. Weiter heißt es bei OSHA, dass Ethylenoxid mit zahlreichen Problemen in Verbindung gebracht wird, darunter Schwindel, spontanem Schwangerschaftsabbruch, Nervenschäden und Gedächtnisstörungen.

Für die Studie entnahmen die Forscher Proben von Fracking-Flüssigkeit in fünf amerikanischen Bundesstaaten. Sie analysierten die grenzflächenaktiven Substanzen mithilfe der hochmodernen massenspektrometrischen Geräte, die Agilent Technologies zur Verfügung gestellt hatte.

Weitere Studien müssen Variablen beim Fracking beleuchten und andere Bedenken behandeln

Der Wettbewerb innerhalb der Fracking-Branche ist sehr groß. Entsprechend schwer tun sich die Firmen damit offenzulegen, mit welcher Chemikalienmischung sie arbeiten, um möglichst viel Erdgas und Erdöl fördern zu können. Die amerikanische Bundesregierung und die einzelnen Staaten verlangen von den Unternehmen, dass sie die verwendeten Chemikalien benennen, aber meistens reichen grobe chemische Kategorien aus.

Aufgrund der geologischen Unterschiede rund um die Förderstellen variiert zudem die Mischung der Flüssigkeiten. Entsprechend warnen die Wissenschaftler auch, dass sich ihre Ergebnisse nicht auf alle bestehenden Förderstätten übertragen lassen. Sie kündigten allerdings an, eine größere Studie durchzuführen, bei der auch Proben anderer Quellen untersucht werden.

Thurman zeigte sich besorgt, was andere Themen rund um das Fracking anbelangt. Es gebe Punkte, die gründlicher untersucht werden sollten, sagte er. Dazu zählt er die Luftverschmutzung, den Wasserverbrauch und Erdbeben, die durch die Abwasserentsorgung ausgelöst werden.

Luftverschmutzung im Zusammenhang mit Fracking ist ein sehr ernstes Thema.

So hat Dr. David Carpenter, Leiter des Instituts für Gesundheit und Umwelt an der Universität von Albany (Staat New York), in einer kürzlich veröffentlichten Studie von starker Luftverschmutzung berichtet. Luftproben, die in der Nähe von Fracking-Quellen entnommen wurden, wiesen eine Konzentration an Schwefelwasserstoff auf, die die zulässige Obergrenze um das 90- bis 60 000-Fache überschritt, so Carpenter.

Auch die Werte für Benzol und Formaldehyd waren in diesen Gebieten stark erhöht. Formaldehyd ist als krebserregend bekannt und wird mit Leukämie und Nasenrachenkrebs in Verbindung gebracht, Schwefelwasserstoff wiederum mit Gesundheitsgefährdungen wie Augenreizungen und Asthma.

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